Ich sitze auf dem Sofa, warte darauf, dass draußen der Frühling zurückkehrt und scrolle durch Instagram. Ein Video taucht auf. Ein Politiker spricht von Wachstum, von einer florierenden Wirtschaft, von mehr Produktivität. Die Szenerie untermalt von dramatischer Musik.

Während er voller Euphorie von der Zukunft spricht, ziehen im Video Bilder der Vergangenheit vorbei – jenes vermeintlich goldene Früher, in dem doch alles so viel besser gewesen sein soll. Ich lege das Handy beiseite und schaue aus dem Fenster. Draußen ist es kalt und still. Nur der Wind, der durch die kahlen Äste streicht. Ich atme tief ein und merke, wie ich mich wieder beruhige.
Wachstum ohne Ende?
Ich brauche niemandem zu erklären, dass unbegrenztes Wachstum uns in eine Sackgasse führt. Jeder normale Mensch spürt es längst. Die Frage ist nicht mehr, ob unser Wirtschaftssystem an seine Grenzen kommt, sondern warum wir es nicht längst überdenken. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich die Natur als Vorbild zu nehmen. Denn dort gibt es kein unaufhörliches Wachstum. Stattdessen gibt es Zyklen.
Ein Kreislauf statt einer Spirale

Im Frühling und Sommer wächst und gedeiht alles. Doch dann folgt der Herbst – die Erntezeit, der Moment, innezuhalten, Bilanz zu ziehen. Und schließlich der Winter – eine Phase des Stillstands, des Rückzugs, der Regeneration.
Warum nicht ein Wirtschaftssystem, das diesem natürlichen Rhythmus folgt? Ein System mit zwei Hälften: Produktivität und Expansion im Frühling und Sommer, Reduktion und Besinnung im Herbst und Winter. Ein Kreislauf, der Platz lässt für Erneuerung, anstatt auf permanenter Beschleunigung zu bestehen.
Natürlich würden einige sofort aufschreien. Die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und warnen, dass andere Länder an uns vorbeiziehen würden. Doch vielleicht ist das gar nicht so. Vielleicht könnte es sogar ein Vorbild sein. Denn welcher Staat, welches Volk will schon sehenden Auges seine eigene Lebensgrundlage zerstören? Vielleicht braucht es nur jemanden, der den Mut hat, einen anderen Weg zu gehen.
Bedingungsloses Grundeinkommen – ein Werkzeug für Wandel?
Und hier kommt ein weiteres Thema ins Spiel: das Bedingungslose Grundeinkommen. Ich weiß, jetzt werden die nächsten Einwände laut. Wer soll das bezahlen? Würde dann überhaupt noch jemand arbeiten? Würde unsere Wirtschaft nicht zusammenbrechen?
Doch drehen wir die Fragen einmal um: Wie viel menschliches Potenzial geht verloren, weil Menschen in Jobs feststecken, die sie weder erfüllen noch der Gesellschaft wirklich dienen? Wie viele Ideen, Innovationen, kreative Lösungen entstehen nicht, weil Existenzen gesichert werden müssen, anstatt Raum für Wandel zu lassen?

Ein Grundeinkommen könnte nicht nur Sicherheit geben, sondern auch die Art verändern, wie wir arbeiten – und wofür. Vielleicht würden mehr Menschen Berufe wählen, die Sinn stiften, statt nur Profit zu generieren. Vielleicht würde sich der Druck auf ewiges Wachstum verringern, weil nicht mehr alles dem Ziel untergeordnet wäre, die nächste Krise zu überleben. Vielleicht könnten wir eine Wirtschaft schaffen, die nicht nur auf Zahlen basiert, sondern auf Lebensqualität.
Was, wenn wir das Geld abschaffen?
Und dann ist da noch ein radikalerer Gedanke. Was wäre, wenn wir das Geld gleich ganz abschaffen? Ja, jetzt wird es utopisch. Aber stellen wir uns eine Welt vor, in der Ressourcen nach Bedürfnissen verteilt werden, nicht nach Kaufkraft. In der Arbeit nicht an Gehalt gekoppelt ist, sondern an Sinn und Notwendigkeit. In der Kooperation wichtiger ist als Konkurrenz.
Unmöglich? Vielleicht. Aber auch das jetzige System erschien irgendwann einmal unausweichlich. Und doch sitzen wir hier, sehen die Risse im Fundament und fragen uns, wie lange es noch trägt.
Ein leiser Wandel beginnt

Und dennoch, Veränderung beginnt nicht mit einem großen Knall. Sie beginnt mit einer Idee. Mit einem Gedanken, der irgendwo gesät wird, wächst, sich ausbreitet. Vielleicht ist es ein leiser Wandel, der nicht mit Gesetzen beginnt, sondern mit den Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen. Ich blicke aus dem Fenster. Die Sonne ist inzwischen höher gestiegen. Das Licht fällt warm auf die Erde. Vielleicht ist es gar nicht so utopisch, sich eine andere Welt vorzustellen. Vielleicht fängt sie genau hier an.