Vor ein paar Wochen hatte ich mir ja bei den Urkornpuristen eine ganze Rutsche an besonderen Getreidesorten bestellt. Das Thema Urgetreide interessiert mich als Hobbybäcker schon sehr, denn ich wollte immer mal wissen, was für unterschiedliche Geschmäcker und Konsistenzen es so gibt.

Nachdem ich den Gelbweizen abgearbeitet hatte, der mich schon sehr begeistert hat, bin ich nun beim Urdinkel gelandet und hatte gleich zwei Rezepte auf dem Schirm: Zum einen ein leckeres Urdinkelbrot mit ganz vielen Gartenkräutern und zum zweiten eine Forcaccia, dessen Teig ich ebenfalls aus Urdinkel gemacht habe – belegt mit allem, was gerade im Garten reif war. Bevor wir loslegen, möchte ich euch ein bisschen dieses Getreide ans Herz legen.
Urdinkel – was ist das eigentlich?
Urdinkel ist eine ursprüngliche Form des Dinkels – genauer gesagt: eine alte, wenig veränderte Getreidesorte, die nicht weitergezüchtet wurde. Er enthält noch all das Wilde und Ungebändigte, das moderne Getreide durch Züchtung nach und nach verloren hat. Im Vergleich zum normalen Dinkel ist Urdinkel robuster, nährstoffreicher und oft auch verträglicher. Der Geschmack ist vollmundig, leicht nussig und sehr eigenständig – nicht neutral, sondern mit Charakter.
Was die Inhaltsstoffe betrifft, bringt Urdinkel einiges mit:
- Hoher Eiweißgehalt (oft über 14 %) – ideal für sportliche Menschen, aktive Tage und guten Teig
- Viele Mineralstoffe wie Magnesium, Zink, Eisen und Phosphor
- B-Vitamine, insbesondere B1, B2 und Niacin, die für Nerven, Haut und Stoffwechsel wichtig sind
- Eine gute Portion Ballaststoffe, die die Verdauung in Schwung bringen
- Und ein besonders interessantes Eiweißprofil – mit hohem Anteil an Lysin, einer essenziellen Aminosäure
Urdinkel enthält weniger Fruktane als Weizen oder moderner Dinkel und wird von vielen Menschen mit empfindlichem Darm besser vertragen – auch wenn er natürlich nicht glutenfrei ist. Er ist ein echtes Kraftkorn – reich an Energie, dabei aber leicht verdaulich und erdend im besten Sinne. Und: Er ist empfindlich – besonders beim Teigkneten. Doch dazu gleich mehr.
Der Teig – sanft, nicht wild
Der Teig ist schnell gemacht: Ich habe die ganzen Urdinkelkörner in den Standmixer gegeben und zu feinem Mehl vermahlen. Dann kamen Wasser, ein Löffel Sauerteig, Olivenöl, Salz und gleich zu Beginn eine Handvoll frischer Gartenkräuter aus meinem Heilkräuterbeet dazu.

Ich habe ihn nur etwa drei Minuten mit den Knethaken geknetet – denn Urdinkelteig mag keine Knetwut. Lieber zart anfassen und stehen lassen. Drei Stunden Ruhezeit reichen, zwischendurch ein paar Mal dehnen und falten. Das stärkt die Glutenstruktur – mit feuchten Händen oder den Knethaken einfach etwas bewegen oder einmal umschlagen. So entwickelt der Teig seine Spannung – ganz ohne Hektik.
Aufs Blech und in den Garten
Für die Forcaccia habe ich den Teig dann auf ein eingeöltes Backblech gegeben. Das lässt sich wunderbar mit den Händen auseinanderziehen – kein Nudelholz nötig. So bekommt sie diese rustikale Struktur, die ich so liebe.

Dann kam das Beste: der Belag. Ich hatte gerade den ersten frischen Knoblauch im Garten geerntet – der wurde in Olivenöl gepresst und auf dem Teig gepinselt. Der Duft war intensiv – ein Vorgeschmack auf Italien. Darüber kamen wieder frische Kräuter, dann alles, was im Garten zu finden war: Lauch, Zwiebeln, Dicke Bohnen, Erbsen, Möhren, die ersten Zucchini, Mangold und Palmkohl.
Der Duft einer Sommerbäckerei
Beim backen hat die Küche geduftet wie eine kleine italienische Landbäckerei: kräuterig, warm, würzig. Und als ich die Forcaccia nach 35 Minuten bei 200 Grad aus dem Ofen holte, wusste ich: Der Geschmack übertraf den Duft.

Der Urdinkelteig war dunkel, nussig, fast schon erdig im besten Sinne. Ein echtes Sommergericht – bodenständig, einfach und voller Aromen. Natürlich könnt ihr die Forcaccia auch mit normalem Dinkel oder Weizen backen – das Rezept bleibt gleich. Aber ich finde: Mit Urdinkel hat sie eine Tiefe, die ganz besonders ist. Man schmeckt, dass dieses Getreide noch Ursprünglichkeit in sich trägt – wild, charakterstark und ehrlich wie ein frisch geerntetes Gemüse aus dem Garten.

Sven`s Sauerteig-Forcaccia mit Urdinkel
Kochutensilien
- 1 Schüssel
- 1 Holzlöffel oder Teigschaber
- 1 Backblech
- 1 Backpapier oder Öl zum Einfetten
- 1 Messer & Schneidebrett
- 1 (Optional) Hochleistungsmixer oder Getreidemühle
Zutaten
Für den Teig:
- 500 Gramm Urdinkel alternativ Dinkel
- 350 ml Wasser lauwarm
- 1 EL aktiver Sauerteig oder 5 g Frischhefe, wenn’s schnell gehen soll
- 2 EL Olivenöl
- 1 TL Salz
- 1 Handvoll frisch gehackte Gartenkräuter z. B. Rosmarin, Thymian, Oregano, Majoran
Für das Topping:
- 3 EL Olivenöl
- 2 Knoblauchzehen frisch, am besten aus dem eigenen Beet!
- weiteres frisches Gemüse aus dem Garten: Erbsen, Zucchini, Tomaten, Paprika, Möhren, dicke Bohnen – was du hast
- ein paar Blüten oder Blätter zur Dekoration z. B. Ringelblumen, Kapuzinerkresse
- bei Bedarf etwas Feta
Anleitungen
- Mehl mahlen oder verwenden: Ich hab die Körner direkt im Standmixer fein gemahlen. Das geht gut, riecht herrlich und fühlt sich sehr "Back to the Roots" an. Du kannst aber natürlich auch gleich Urdinkelmehl oder normales Dinkelmehl nehmen.
- Teig ansetzen: In einer Schüssel Mehl, Wasser, Sauerteig, Olivenöl, Salz und Kräuter miteinander vermengen. Der Teig wird recht feucht – das soll so sein! Nur kurz (max. 3 Minuten) durchrühren oder ganz sanft kneten. Urdinkel ist zart besaitet. Nicht zu wild!
- Teig ruhen lassen & dehnen: Den Teig abdecken und drei Stunden bei Zimmertemperatur ruhen lassen. In dieser Zeit zweimal dehnen und falten. Einfach mit feuchten Händen unter den Teig greifen, leicht ziehen und über sich selbst schlagen. Das stärkt das Teiggerüst und bringt Luft hinein.
- Aufs Backblech bringen: Ein Backblech gut einölen, den Teig darauf geben und mit den Händen sanft auseinanderziehen. Keine Perfektion – das Rustikale ist gewollt! Er darf ruhig kleine Dellen und Höhen haben.
- Knoblauchöl zubereiten: Frischen Knoblauch pressen und mit Olivenöl verrühren. Damit den Teig großzügig bestreichen – der Duft ist… italienischer Sommer, ehrlich!
- Belegen & dekorieren: Jetzt kommt das Gemüse aus dem Garten drauf. Ich hatte dicke Bohnen, Erbsen, Zucchini, bunte Möhren, Paprika und die ersten Tomaten. Du kannst nehmen, was du gerade zur Hand hast. Auch essbare Blüten oder Wildkräuter machen sich super als Farbklecks.
- Backen: Die Forcaccia bei 200 °C (Ober-/Unterhitze) ca. 35 Minuten backen. Sie soll goldbraun, knusprig und herrlich duften.