Es ist wieder einer dieser trüben Herbstmorgen, an denen der Nebel noch auf den Feldern liegt. Ich blicke in meinen Garten und sehe wehmütig, wie sich alles zurückzieht. Auch mir fällt es schwer, mich von dem Sommer zu verabschieden und die dunklere Jahreszeit willkommen zu heißen. Jedes Jahr spüre ich diesen kleinen Herbstblues – selbst wenn ich mich dagegen stemme.

Doch anzunehmen, was ist, bleibt immer der erste Schritt. Der zweite ist, etwas Ursprüngliches zu tun: laufen gehen, ein paar Töne auf dem Klavier anschlagen (ja, ich versuche wieder anzufangen), das Laub auf den Kompost bringen oder einfach in Ruhe ein Brot backen. Als ich den Teig aus schwarzem Emmer zum letzten Mal faltete, dachte ich daran, wie viele Menschen vor mir wohl dasselbe getan haben.
Emmer – ein Korn, das fast in Vergessenheit geraten war und doch so viel Kraft in sich trägt. In diesem Beitrag möchte ich euch dieses alte Getreide vorstellen und erzählen, welch wunderbare Geschichte es in sich trägt. Dieses Brot ist für mich eine kleine Hommage an das Ursprüngliche, an das Einfache – an das, was im besten Sinne des Wortes satt macht.
Emmer – das Korn mit Geschichte und Charakter
Emmer gehört zu den ältesten kultivierten Getreidesorten der Welt. Schon vor rund 10.000 Jahren wurde er im sogenannten „Fruchtbaren Halbmond“ im heutigen Nahen Osten angebaut – dort, wo Landwirtschaft überhaupt ihren Ursprung hatte. Von dort aus fand er seinen Weg über den Mittelmeerraum bis nach Mitteleuropa, wo er jahrhundertelang eines der wichtigsten Getreide unserer Vorfahren war.

In Deutschland wurde Emmer – oft auch als „Zweikorn“ bezeichnet – lange Zeit von moderneren, ertragreicheren Sorten verdrängt. Erst in den letzten Jahren erlebt dieses Urgetreide eine kleine Renaissance. Immer mehr Menschen entdecken seinen kräftig-nussigen Geschmack und die besondere Bekömmlichkeit wieder – Eigenschaften, die in der modernen Ernährung oft verloren gegangen sind.
Was Emmer so besonders macht, ist seine innere Stärke. Er steckt voller wertvoller Nährstoffe: hochwertiges pflanzliches Eiweiß, Zink, Eisen, Magnesium und viele B-Vitamine. Sein hoher Gehalt an Carotinoiden verleiht dem Mehl eine leicht goldene Farbe und wirkt antioxidativ – also schützend für unsere Zellen. Gleichzeitig enthält Emmer weniger Gluten als moderne Weizensorten und wird von vielen Menschen besser vertragen.
Emmer steht für Tiefe, Ursprünglichkeit und Beständigkeit – so wie ein gutes Brot, das Zeit braucht, um zu werden. Vielleicht spüren wir genau das, wenn wir mit den Händen den Teig formen: eine leise Verbindung zu all denen, die dieses Korn schon vor uns geknetet haben.
Vom Korn zum Brot – ein Stück gelebte Zeit
Brot zu backen ist für mich längst mehr als ein Rezept – es ist ein stiller Gegenentwurf zu all dem, was im Alltag so oft laut und schnell geworden ist. Wenn ich den Teig forme, das Mehl in der Luft tanzt und meine Hände den Rhythmus finden, spüre ich, wie mein hektischer Geist langsam ruhiger wird.

Jeder Handgriff, jedes Falten und Ruhen erinnert mich daran, dass alles seine Zeit braucht – auch wir selbst. Es ist dieser einfache, fast archaische Vorgang, der mich zurückholt ins Jetzt. Vom Korn zum Brot – das ist ein Stück gelebte Zeit, ein Kreislauf, der sich immer wieder schließt. Während der Teig ruht, scheint auch in mir etwas zur Ruhe zu kommen. Und dann kommt dieser Moment, auf den ich mich jedes Mal freue:
Wenn ich den Deckel vom Römertopf nehme, steigt mir der warme Duft entgegen und ich sehe, wie das Brot aufgegangen ist – goldbraun, lebendig, voller Kraft. In diesem Augenblick ist alles da: Dankbarkeit, Ruhe und ein stilles Glück, das nur aus Einfachheit entstehen kann.

Sven`s Emmer-Bierbrot
Kochutensilien
- 1 Römertopf alternativ gusseiserner Topf mit Deckel
- 1 Große Rührschüssel
- 1 Waage
- 1 Gärkörbchen
- 1 Küchenhandtuch
- 1 Ofen
Zutaten
- 500 Gramm schwarzes Emmermehl Vollkorn
- 200 Gramm aktiver Sauerteig
- 330 ml Bier Ich nehme das "Brunhilde" von der Hildesheimer Braumanufaktur.
- 50 Gramm Wasser
- 12 Gramm Salz
- 1 EL Olivenöl optional, für etwas mehr Geschmeidigkeit.
- 60 Gramm Samen Sonnenblumen, Kürbis, Leinsaat oder Nüsse für den Teig / als Topping.
Anleitungen
- Bier & Sauerteig auflösen: Das Bier in eine große Schüssel geben und den aktiven Sauerteig darin auflösen, bis er sich gleichmäßig verteilt hat.
- Mehl, Samen & Salz hinzufügen: Das Emmermehl, optional Samen oder Nüsse sowie das Salz dazugeben und alles mit einem Mixer für etwa 6–10 Minuten gut durchmischen, bis ein gleichmäßiger, klebriger Teig entsteht.
- Falten & Ruhephase: Den Teig mit einem Tuch abdecken und bei Raumtemperatur stehen lassen. In den ersten drei Stunden den Teig ein- bis zweimal dehnen und falten: mit feuchten Händen den Teig anheben, hochziehen und sanft wieder einschlagen. Das gibt dem Teig Struktur und Luftigkeit.
- Kalte Stückgare: Den Teig danach abgedeckt in den Kühlschrank stellen und 12–18 Stunden ruhen lassen. Dort entwickelt er besonders viel Aroma und Bekömmlichkeit.
- Teig akklimatisieren & formen: Am nächsten Tag die Schüssel aus dem Kühlschrank nehmen und den Teig etwa eine halbe Stunde bei Raumtemperatur ruhen lassen. Danach den Teig rund wirken und mit der glatten Seite nach oben in das bemehlte Gärkörbchen legen, damit er beim Backen gleichmäßig aufreißt.
- Römertopf vorbereiten: Den Römertopf leicht einölen und mit Deckel in den kalten Ofen stellen. Den Ofen auf die höchste Temperatur einstellen, damit der Topf richtig heiß wird.
- Teig einlegen & erstes Backen: Mit Handschuhen den heißen Römertopf aus dem Ofen nehmen, den Teig vorsichtig hineinfallen lassen und den Deckel wieder aufsetzen. Den Topf zurück in den Ofen stellen und das Brot für etwa 20 Minuten bei hoher Temperatur backen.
- Deckel abnehmen & weiterbacken: Den Deckel entfernen – der schönste Moment, um zu sehen, wie das Brot aufgegangen ist. Die Ofentemperatur auf ca. 180 °C reduzieren und das Brot weitere 40 Minuten backen, bis die Kruste kräftig goldbraun ist.
- Abkühlen & genießen: Das fertige Brot vorsichtig aus dem Römertopf nehmen, auf ein Gitter legen und vollständig auskühlen lassen. Danach anschneiden und genießen.